Philipps Malawi Reise 2023

Reisebericht März/April 2023

Muli bwanji liebe Malawi-Freunde, 

endlich! – Nach langer Covid-bedingter Pause konnte ich die sechste Reise nach Malawi antreten. Seit meiner letzten Reise in 2019 sind nicht nur vier Jahre vergangen, es hat sich vieles verändert. 

Der letzte Bericht aus dem Jahr 2019 ist voller Hoffnung, dass sich die Dinge in Malawi gut entwickeln werden. Vier Jahre später stehen wir nach der Covid-19 Pandemie, dem Ukraine-Krieg und der globalen Inflationskrise an einem anderen Punkt. 

Die globalen Ereignisse und auch die Klimakrise haben Ostafrika und Malawi ungleich schwerer getroffen als den globalen Norden. Die Inflation in Malawi beträgt inoffiziel zwischen 50 – 75%. Am deutlichsten macht sich das bei Nahrungsmitteln, Saatgut und Dünger bemerkbar. So hat sich der Preis für Brot innerhalb weniger Monate verdoppelt. Dünger ist für den Anbau von Mais sehr wichtig, um ausreichende Erträge zu erzielen, die als Grundlage der Versorgung der Menschen für ein ganzes Jahr reichen müssen. Der Preis für einen Beutel Dünger hat sich im letzten Jahr nahezu vervierfacht. Demnach sieht man schon jetzt kleiner gewachsene Maispflanzen, die weniger Ertrag bringen werden. 

Dazu kommt, dass die Preise in Malawi deutlich schneller steigen als die Löhne. So können sich sogar Menschen mit ordentlichen Jobs und fester Anstellung aktuell nur das Nötigste leisten. 

Menschen, die keine feste Anstellung haben, sind verzweifelt. Die Kriminalität nimmt deutlich zu. So werden etwa Pangolins (Schuppentiere) aus den Nationalparks gestohlen und für ca. 800,- Euro nach China verkauft. Werden die Diebe erwischt, droht eine einjährige Gefängnisstrafe. Es gibt zunehmend Überfälle und Einbrüche, sodass ich das erste Mal nicht mehr abends alleine unterwegs war. Auch im Krankenhaus nimmt die Kriminalität zu. Krankenpfleger:innen und Reinigungskräfte werden entlassen, weil sie Medikamente und kleines Equipment stehlen. 

Die Perspektivlosigkeit treibt mehr und mehr Menschen in den Alkoholismus.  Niedrige Preise für lokales Bier und Spirituosen fördern diese traurige Entwicklung in den Dörfern. Daraus entstehen weitere Abhängigkeiten und finanzielle Probleme. Die Familien können nicht mehr versorgt werden und die Sisters berichten über eine Zunahme der Suizidrate in Mtengo wa Nthenga. Phänomene, die ich bisher aus Malawi nicht kannte. 

Die klimatischen Veränderungen treffen Ostafrika besonders hart. Lange Dürreperioden und heftige Überschwemmungen zerstören die Lebensgrundlage der Menschen. Der Zyklon “Freddy” hat über 1000 Todesopfer gefordert, zahlreiche Häuser und Felder zerstört. Hunderttausend Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Sie wurden notfallmäßig in Zeltlagern untergebracht, wo in der Folge mehrere Cholera-Ausbrüche durch verunreinigtes Trinkwasser grassierten. Die zerstörten Ackerflächen führen schon jetzt zu steigenden Preisen für Nahrungsmittel in der Region. Die ohnehin schon katastrophalen Straßen wurden teilweise total zerstört. Zudem mussten die Wasserkraftwerke im Süden des Landes repariert werden, sodass es während meiner Zeit in Malawi meistens nur nachts für wenige Stunden Strom gab. Selbst im Krankenhaus war die Stromversorgung trotz Solarzellen mehrfach kritisch. Das Notstromaggregat war längere Zeit defekt, weil die Sisters auf ein Ersatzteil warteten.

Trotz internationaler Hilfe wird Malawi vom Klimawandel heftig getroffen und wir müssen dringend Strategien entwickeln, um global mit der Klimakrise umzugehen. 

Zerstörung durch Zyklon Freddy

Francisco Palau Hospital – spürbare Auswirkungen.

Im Krankenhaus macht sich die allgemeine Situation durch rückläufige Patientenzahlen bemerkbar. Die Patient:innen können sich ein stationäre Behandlung einfach nicht mehr leisten. 

Die Trage meines Großvaters ist intakt und weiterhin viel im Einsatz. Sie ist einfach zu groß und sperrig, um gestohlen zu werden. 

Brillenaktion die Vierte – ohne Refraktionskasten.

Was für eine Enttäuschung: Nach drei erfolgreichen Brillenaktionen seit 2014 wurde der Refraktionskasten geplündert. Der Kasten war noch da, doch er war komplett leergeräumt. Unbeschreiblich ärgerlich, aber ein deutlicher Spiegel der aktuellen Entwicklung in Malawi. 

Dazu kamen erstmals völlig unnötige Probleme beim Zoll, was die Ausgabe der Brillen verzögerte. Dennoch verteilte ich noch ca. 100 Brillen. Dafür wurden zwei Brillen geopfert, um die Gläser zum Ausmessen zu benutzen. Die Brillen wurden wieder zu einem niedrigen Preis (je nach Einkommen der Patienten für 2000 MK (1,30€) oder 3000 MK (2,00€)) verkauft, man sollte in Malawi nichts verschenken. Der Erlös ging dieses Jahr wieder an das Krankenhaus in Mtengo wa Nthenga, um offene Krankenhausrechnungen zu bezahlen. 

Francisco Palau Primary School – zurück zur Privatschule mit Internat.

Die Schule des Karmeliterordens hat die ersten Schüler:innen erfolgreich durch die Grundschule gebracht und einige der Kinder, wie E.O., haben es auf gute Schulen geschafft. Bereits das letzte Mal gab es Probleme mit der staatlichen Unterstützung (es wurden keine Schulbücher geliefert, die Gehälter der Lehrer wurden unzuverlässig bezahlt). Deshalb haben die Sisters entschieden, zurück zur Privatschule zu gehen. Erfreulicherweise konnte in den letzten Jahren auch das erste Internatsgebäude fertiggestellt werden. Das zweite Gebäude wird gerade gebaut, hier fehlt noch die vollständige Finanzierung. Es ist für Duwa Lofunga von entscheidendem Vorteil, dass die Kinder in Mtengo wa Nthenga die Grundschule abschließen können. So können wir die Kinder für längere Zeit vor Ort beobachten. Schon immer ein Vorteil der Palau School: Die Kinder bekommen jeden Tag eine warme Mahlzeit (meistens Porridge mit Mais/Soja und Erdnüssen) in der aktuellen Lage so wichtig wie noch nie. 

Hier entsteht das neue Internatsgebäude

Duwa Lofunga e.V. 

Universität. Aktuell studieren mit P.M., M.M., M.K., B.W., E.B. und B.M. sechs Stipendiat:innen. P.M. macht es weiterhin hervorragend an der Universität in Blantyre mit sehr guten Noten in BWL. Beeindruckend, was er aus der Möglichkeit des Stipendiums gemacht hat. Ebenso erstaunlich und beeindruckend ist der Weg von M.M. Er hat für die Vorbereitung auf die Examen der weiterführenden Schule abends mit einer Kerze und den Leihbüchern von Duwa Lofunga gepaukt. So konnte er die weiterführende Schule erfolgreich abschließen und studiert Optometrie in Mzuzu. Er kommt als Student bestens zurecht. M.M. stammt aus dem Dorf “Djumpa”, seine Eltern sind einfache Landwirte und haben nur das Nötigste fürs Leben. Er ist außerordentlich intelligent und sehr höflich. Auch vor M.K., B.W., E.B. und B.M. kann man nur den Hut ziehen. Sie haben alle sehr hart für ihren Studienplatz gearbeitet und sind unendlich dankbar für das Stipendium. 

P.M. (20 Punkte im Examen), T.B. (23 Punkte) und T.W. (20 Punkte) haben die weiterführende Schule abgeschlossen und warten aktuell auf einen Studienplatz. Ihre Noten sollten dafür ausreichend gut sein.

“Before the funding from Duwa Lofunga e.V., I thought about withdrawing from secondary school because of the school fees.”

​​“Vor der Förderung durch Duwa Lofunga e.V. habe ich darüber nachgedacht, die weiterführende Schule wegen der Schulgebühren abzubrechen.“ 

– M. K.

M.M. und ich

G.J. und G.B. haben im April ihre Grundschullehrerausbildung abgeschlossen. Beide haben hart gearbeitet und überzeugten auf dem Teaching College mit sehr guten Zeugnissen. Beide haben sich unglaublich gut entwickelt. Sie warten nun auf eine Anstellung an einer staatlichen Schule, wo die Stellen von der Regierung besetzt werden. G.B. hat sich zur Überbrückung bereits an der Palau School in Mtengo wa Nthenga beworben. Sie hat sich explizit für die Kontinuität der Förderung, auch während der Covid-19 Pandemie, bedankt. 

“Life is so hard here at village but your effort and dedication encouraged me to succeed in life.” 

„Das Leben ist so hart hier im Dorf, aber dein Einsatz und deine Hingabe haben mich ermutigt, im Leben erfolgreich zu sein.“ 

– G.B. 

G.B. und ihre Familie überreichen mir ein Nkuku (Hühnchen)

P.M. hat die weiterführende Schule abgeschlossen und startet ab Januar eine Ausbildung zum Maurer. S.N. wurde erfreulicherweise in ein Vollstipendium aufgenommen und benötigt deshalb keine Förderung mehr durch Duwa Lofunga. 

Weiterführende Schule. C.N., F.Ch. und L.S. werden dieses Jahr die vierte Klasse abschließen. Bei F.Ch. kann man mit einem guten Ergebnis im finalen Examen rechnen. C.N. hatte bisher nur mittelmäßige Noten, jedoch auf einer sehr guten Schule. L.S. erhält die zweite und letzte Chance, nachdem sie im letzten Jahr nicht bestanden hatte. 

In Form 3 sind A.N., M.M., V.M. und K.Ch. Letztere hat hervorragende Noten. So wurde sie für ein internationales Vollstipendium nach der weiterführenden Schule vorgeschlagen. Sie ist hochmotiviert und lernt sehr diszipliniert, um diese Förderung zu erhalten. W.Y. und E.O. in Form 2 haben es auf renommierte Schulen geschafft. W.Y. entwickelt sich super und ist immer unter den Klassenbesten. E.O. hatte sehr gute Noten in der Grundschule und wurde deshalb für eine sehr gute weiterführende Schule in Mponela ausgewählt. Im ersten Schuljahr nach dem Schulwechsel hatte sie durchschnittliche Noten. Sie braucht noch Zeit für die Umstellung, wir haben sie aber ermutigt, den Anschluss nicht zu verlieren. 

Neue Stipendiat:innen. Einen neuen Stipendiaten fördern wir auf der Dowa Secondary School (Form 1). Y.I. kommt aus sehr armen Verhältnissen. Trotzdem hatte er gute Noten, obwohl er aufgrund von fehlendem Schulgeld dem Unterricht öfters fernbleiben musste. Er hat sich durchgebissen und die Förderung verdient. Ich bin zuversichtlich, dass er die Chance nutzen wird. 

Drei neue Stipendiat:innen werden von der Grundschule an gefördert. C.B. und G.K. sind auf der Palau School in der achten Klasse. Beide haben gute Schulleistungen gezeigt, kommen aus der Nähe von Mtengo wa Nthenga und konnten das Schulgeld nicht mehr bezahlen. D.T. ist eine weitere Neuaufnahme aus der siebten Klasse. Die hochtalentierte Schülerin wohnt bei ihrer Tante, da die Mutter die Familie verlassen hat und der Vater nicht für sie sorgen kann. Bei der Tante muss sie jedoch so viel auf dem Feld arbeiten, dass sie keine Zeit mehr für die Schule hat und aufgrund von Erschöpfung von der Klassenbesten ins Mittelfeld abgerutscht ist. Wir haben deshalb beschlossen, sie ins Internat der Palau School aufzunehmen. Dort kann sie die Grundschule im geschützten Rahmen abschließen. 

Ausblick. Wie immer sind die Duwa Lofunga-Stipendien für die 25 Kinder für die nächsten drei Jahre finanziert. Diese Herangehensweise hat uns wertvolle Zeit und Kontinuität während der Pandemie verschafft und dafür gesorgt, dass die Stipendiat:innen ihre Schulausbildung fortsetzen konnten. 

So werden im Jahr 2026 vier Stipendiat:innen eine Berufausbildung abgeschlossen haben und weitere vier Stipendiat:innen im letzten Semester ihres Studiums sein. Darüber hinaus werden wir dann die Alumae mit eingerechnet insgesamt 25 Kindern den Schulabschluss ermöglicht haben. 

Neu: die Warteliste. Dieses Jahr gibt es zum ersten Mal eine Warteliste für potentielle neue Stipendiat:innen, sollten Stipendiat:innen ausscheiden oder wir mehr Spenden sammeln als erwartet. Auf dieser Liste stehen: A.K. (Form 1), M.M. (Standart 5) und G.M. (Form 2).

Dankesbrief von G.B.

Zusammengefasst

An dieser Stelle zuerst allen Unterstützer:innen vielen, vielen, herzlichen Dank! Trotz der schwierigen Lage in Malawi ist es eine Freude zu sehen, dass die Stipendiat:innen die Möglichkeiten nutzen. Dank eurer Hilfe können wir 25 Kinder und Jugendliche in Malawi fördern und ihnen eine Perspektive ermöglichen. Diese unbezahlbare Chance verändert das Leben der Stipendiat:innen und deren Familien – und ist ein großes Privileg. 

Wir sind als Duwa Lofunga e.V. weiterhin auf Spenden angewiesen und freuen uns riesig über Unterstützung. Ich hoffe, das Lesen des diesjährigen Berichts hat euch Freude bereitet. Für weitere Informationen und Geschichten stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung!

Herzliche Grüße
Philipp Müller
1. Vorstand des Duwa Lofunga e.V.

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